Predigt vomTaufgottesdienst 24.04.16 - Kreuzkirche Lüneburg

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Predigt vomTaufgottesdienst 24.04.16

Gottesdienst
Sexagesimä, 24.02.2019

1.) Liebe ist nicht nur ein Wort,
Liebe das sind Worte und Taten.
Als Zeichen der Liebe ist Jesus geboren
als Zeichen der Liebe für diese Welt.
 
2.) Freiheit ist nicht nur ein Wort,
Freiheit das sind Worte und Taten.
Als Zeichen der Freiheit ist Jesus gestorben
als Zeichen der Freiheit für diese Welt.
 
3.) Hoffnung ist nicht nur ein Wort,
Hoffnung das sind Worte und Taten
Als Zeichen der Hoffnung ist Jesus lebendig,
als Zeichen der Hoffnung für diese Welt.
 
Liebe Gemeinde,
meine Tochter Hanna studiert in Amsterdam Psychologie. Mit Psychologiestudenten kann man gut Gespräche führen. Und so schnappe ich manchmal Worte auf im Gespräch mit meiner Tochter, die mich weiter bringen. Oder die mich bestätigen in einer Klarheit, die ich schon lange in mir trage. Letztens sagte sie in einer Unterhaltung: Das ist kein hilfreicher Gedanke. Ich weiß nicht mehr, was genau wir besprochen hatten. Aber zweierlei ist bei mir hängen geblieben: Erstens die Erkenntnis, dass Psychologiestudenten*innen zu unterscheiden lernen, was eine hilfreicher Gedanke ist und was kein hilfreicher ist. Zweitens die Einsicht: Nur mit hilfreichen Gedanken kommt man voran, kommen andere voran und natürlich auch man selbst. Hilfreiche Gedanken sind heilsam und darum können Psychotherapeuten und ihre Klienten mit ihnen heilen.
Liebe Kaja und Beke, lieber Jannes, eure Taufsprüche sind hilfreiche Gedanken, sehr hilfreiche Gedanken. Sie sind heilsam für euer Leben und sie prägen euren Geist in guter Weise. Ich möchte eure Taufsprüche in den Mittelpunkt dieser Predigt stellen. Um euretwillen, aber auch für uns alle. Denn mit der Auswahl eurer Taufsprüche beschenkt ihr auch uns mit hilfreichen Gedanken.
Liebe Kaja, beginnen wir mit deinem Taufspruch. Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind. (Sprüche 31,8) Dieser Vers ist nicht nur eine Orientierung für dich, er kennzeichnet dich und deine Persönlichkeit auch jetzt schon in gewisser Weise. Du trittst für andere ein, du liebst es, wenn es gerecht zugeht. Du stehst damit in einer Reihe vieler Menschen, die in den vergangenen Jahrhunderten bis heute den Mund aufgemacht haben und Sprachrohr geworden sind für gerechtere Lebensbedingungen. Du gehörst zu den Menschen, die Mitgefühl haben und zeigen. Ich denke bei dieser Reihe  an Menschen wie Buddha oder Jesus, Gandhi, Martin Luther King oder Bonhoeffer, Florence Nightingale oder Rosa Luxemburg. Florence war eine britische Krankenschwester, Begründerin der modernen westlichen Krankenpflege; besonders eine einflussreiche Reformerin des Sanitätswesens und der Gesundheitsfürsorge in Großbritannien und Britisch-Indien. Rosa war eine sehr einflussreiche Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung. Diese großen Namen sollen dich jetzt nicht erschrecken oder überfordern nach dem Motto „Ohje, was muss da aus mir noch werden?“ Ich will hier kein Leistungsdenken aufbauen. Ich will mit diesen bekannten Namen zeigen, wie wichtig Mitgefühl und Gerechtigkeitssinn sind. Wie wichtig es ist, für andere einzutreten, denen es nicht so liegt, hilfreiche Gedanken zu äußern. Deine Gabe habe ich ja im Konfir schon oft wahrgenommen und freue mich, dass du so bist, wie du bist. Zuletzt hast du folgenden weisen Satz gesagt, der aus Mitgefühl und Gerechtigkeitssinn hervorgeht: „Man kann nicht erreichen, dass alle Menschen die gleiche Meinung haben.“ Ich weiß nicht, ob du selbst diesen Satz von vor drei Wochen jetzt erinnerst. Du wolltest erreichen, dass Menschen auch noch gehört werden, die nicht einschätzen können, welche Gefahren von eingelagerten radioaktiven Brennstäben ausgehen. Es ging dir nicht in diesem Moment darum, eine Meinung zu äußern für oder gegen Atomkraft, sondern du wolltest Verständnis bewirken für Menschen, die mit ihrer Erkenntnisfähigkeit hinterherhinken. Und dies ist sehr wichtig in unserer Gesellschaft, dass wir niemanden aufgeben oder abschreiben. Ich wünsche dir, dass du dein Mitgefühl und deinen Gerechtigkeitssinn geistig nähren und vertiefen kannst, indem du Jesu Denken und Verhalten weiter studierst... über den Konfir hinaus davon profitierst.
Das Gleiche wünsche ich uns allen! Am Christus können wir ablesen, wie mitfühlend und gerecht er eingestellt war. Und wie viel menschlich Gutes damit von ihm ausging. Gegen Pharisäer und Schriftgelehrte hat er seine Stimme erhoben und immer wieder betont: Man muss Menschen helfen, selbst wenn man die heilige Ruhe am Feiertag damit stört. Orientieren wir uns in unserem Leben am Christus, um mitfühlend und gerecht zu empfinden. Lassen wir immer weiter ein bürgerliches Denken los, das gewohnt ist zu fragen: Hat er oder sie es denn verdient, dass man hilft? Ein Bericht im Fernsehen vor ein paar Tagen hat ein nichtbürgerliches, christliches Denken sehr schön verdeutlicht. Dort wurden Krankenschwestern und Ärzte gezeigt, die zu Obdachlosen fahren, um sie auf der Straße medizinisch zu versorgen. Die Obdachlosen haben sich ja eigentlich aufgegeben und werden wegen der medizinischen Hilfe kein anderes Leben führen. Deshalb könnte man urteilen: Selber schuld, was soll Hilfe noch! Aber sie bleiben unsere Mitmenschen und da ist es gerecht und einfühlsam, wenn man ihnen hilft in ihrer Not. Ich kann durchaus die Kritik verstehen, dass solche Hilfen letztlich mitfinanziert werden müssen durch Steuerzahlungen von Bürgern und Firmen oder durch Kirchensteuern, wenn unser Diakonieverband tätig wird. Das ist sicher richtig eingewendet, aber es ist ein bürgerliches Herangehen an die Problemstellung, kein jesuanisches. Dies zumindest muss uns bewusst sein. Jesuanisches Denken spricht so, wie wir es gesungen haben: „Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe, das sind Worte und Taten.“
Als nächsten Taufspruch möchte ich deinen aufgreifen, lieber Jannes:
Wer glaubt, kann alles!“ (Markus 9,23). Dieser Satz aus dem Markusevangelium ist ebenfalls ein sehr hilfreicher Gedanke. Zuerst für dich, aber in zweiter Linie auch für uns alle. Dein Taufspruch zeigt, wer du bist im Herzen und im Verstand. Im Herzen und im Verstand vertraust du darauf, dass du alles schaffst, woran du glaubst. Du bist mutig und den Mutigen öffnet sich die Zukunft. Meine Tochter würde sagen, bleib an diesem Satz dran: „Wer glaubt, kann alles!“ Dann wird dir viel gelingen. Tausche ihn nicht gegen das Gegenteil ein: „Ich schaffe das sowieso nicht.“ Das ist kein hilfreicher Gedanke. Glaub an dich und an deine Fähigkeiten, die Gott dir geschenkt hat! Du wirst noch viele Fähigkeiten in dir entdecken, je älter du wirst und je mehr du ausprobierst.
Vielleicht hast du aber schon bemerkt, dass man nicht alles können muss.
Du kannst auf einem Bein stehen und fällst nicht um. Aber du kannst nicht beide Beine hochnehmen und über dem Boden schweben. Also müssen wir noch einmal genauer bestimmen, was du alles kannst. Die Bibel meint: Weil du Gott lieb hast und ihm vertraust, kannst du mutig alles das tun, was wirklich gut ist für dich und für andere.
Und das Gleiche gilt für uns. Durch unseren Glauben können wir mutig alles das tun, was wirklich gut ist für uns selbst und für andere. Wir müssen uns nicht selbst klein machen und andere groß herausstellen. Oder umgekehrt: Wir müssen uns selbst nicht hervorheben und andere kleinreden. Gut ist, wenn wir uns selbst Liebe schenken und wenn wir andere mit Liebe beschenken. Wir können das, weil Liebe schon in uns ist durch Gott. „Wer glaubt, kann alles“ dürfen wir übertragen und genauer bestimmen mit der Formulierung „Wer glaubt, kann wirklich lieben“. Aber auch hier gilt: Ich möchte kein Leistungsdenken in den Vordergrund rücken. Jede/r von uns könnte zu sich sagen: Ich vertraue auf Gott und seine Liebe zu mir und darum kann ich mutig lernen, mir zu erlauben, zu mir selbst gut zu sein, obwohl es meine Gewohnheit ist, immer zuerst an andere zu denken. Oder umgekehrt: Ich vertraue auf Gott und seine Liebe zu mir und darum kann ich mutig lernen, mich zu trauen, hingebungsvoll für andere dazusein, obwohl es meine Gewohnheit ist, immer zuerst an mich selbst zu denken. „Wer glaubt, kann das alles“. Aber er oder sie muss es nicht gleich können.
Und auch nicht in der Liebe perfekt sein. Denn es ist ein Werden, immer mehr derjenige oder diejenige zu werden, wie Gott sich uns erträumt. Wer glaubt, kann seine Hoffnung darauf setzen, dass Gottes Traum sich erfüllt. Denn Hoffnung wird zu Worten und Taten, wie wir vorhin gesungen haben.
Liebe Beke, deine Eltern haben für dich diesen Taufspruch ausgesucht:
Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ (2. Kor 3,17) Dieser Satz beschreibt, wie frei du bist. Und gleichzeitig ist er ein hilfreicher Gedanke für alle kommenden Tage deines Lebens. Du trägst in dir die Freiheit, zu tun, was du denkst. Zu tun, was du fühlst. Zu tun, was gerade jetzt im Moment wichtig ist. Jean-Jacques Rousseau hat einmal gesagt: „Der Mensch ist frei geboren, und liegt doch überall in Ketten.“ Es ist ein hilfreicher Gedanke, dass du die Freiheit liebst, um dich nicht eines Tages in Ketten legen zu lassen. Gott will, dass du als Kind frei dich entfalten kannst und als Jugendliche und Erwachsene frei bleibst. Denn Gott selbst ist frei in seinem Geist. Und wo sein Geist ist, soll Freiheit aufleben.
Hat diese Freiheit eine Begrenzung?
Bevor ich hierauf mit den Stichworten Verzicht und Liebe antworte, lassen Sie uns noch einmal auf Rousseau hören.
Rousseau hat recht. Wir sind frei geboren, aber je älter wir werden, lässt sich unser Geist einfangen und in Ketten legen. Wir neigen dazu - in unterschiedlichem Grad - zu denken: Was erwartet man von mir? Was gehört sich normalerweise? Und schon legt sich eine Kette um unseren Geist, dass wir uns selbst nicht mehr fragen: Wovon bin ich denn überzeugt? Wozu stehe ich? Woran will ich erkennbar sein? Wenn Gott so wäre in seinem Geist, dass er ausspricht, was sich normalerweise gehört, dann wären wir arm dran. Denn er würde so etwas sagen wie „du kriegst nur das, was du verdient hast“, „dir steht nur zu, was du dir erarbeitet hast“, „du bist nur etwas, wenn du genügend Statussymbole vorweisen kannst mit Kleidung, Karriere, Luxuslimousine und teurem Eigenheim“, „Recht bekommst du nur, wenn du Macht und Einfluss hast.“ Gott sei Dank ist Gott in seinem Geist nicht so angepasst, sondern frei. „Wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.“ Sein Geist ist in uns durch die Taufe. Sein Geist will in unserem Geist frei wirken, damit wir die Ketten sprengen, die uns in der einen oder anderen Hinsicht gefangen halten. Sein Geist ist aber in unserem Geist kein Egotrip, sondern ein Geist der Liebe. Die Liebe verzichtet auch. Sie muss sich nicht durchsetzen. Sie beachtet Grenzen, die berechtigt sind. Darum sind Worte und Taten in Freiheit nie losgelöst, sondern binden sich an die Liebe.
So, jetzt haben wir genug gehört und hilfreiche Gedanken aufgenommen. Ich wünsche euch, liebe Kaja und Beke, lieber Jannes, dass ihr mit euren Taufsprüchen in gutem geistigen Kontakt bleiben könnt und sie euer Herz immer wieder anrühren. Uns allen wünsche ich, dass wir durch das wiederholende Lesen der Evangelien von Matthäus bis Johannes in Verbindung bleiben zum Christus. Seine Worte und Taten der Liebe, der Freiheit, der Hoffnung sind hilfreiche Gedanken für uns. Ich wüsste nicht, was tiefer ginge und das Leben mehr erfüllt als seine Worte und Taten der Liebe, der Freiheit, der Hoffnung. Darum empfehle ich, dass jede und jeder von uns sich mit Seiner Lebensweisheit und Lebenswahrheit immer neu verbindet. Diese Verbindung braucht ein Werden, ein Lernen. So wenig ich eine andere Sprache sprechen kann, wenn ich mir nicht Vokabeln und Grammatik aneigne, so kann ich mich nicht in Jesu Lebensweisheit und Lebenswahrheit verankern, wenn ich die Schriften über ihn nicht lese. Und das Schöne ist: Es macht Freude sie zu lesen. Als ich 15 war, habe ich sie regelrecht verschlungen so wie ich die Harry Potter Bände später begierig gelesen habe. Also der letzte hilfreiche Gedanke heute ist: Die Evangelien immer wieder lesen und unser Herz und unser Verstand nimmt auf die tiefe Liebe, die große Hoffnung und die lebendige Freiheit des Christus. Meine Erfahrung sagt: Mehr Lebenserfüllung geht nicht! Versprochen! Amen
 
 
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