20 Jahre Kreativtreff
Vision
30.06.19, 2. Sonntag nach Trinitatis - 20 Jahre Kreative
Wir haben unsere Talente und Begabungen und führen Sie auf unser Erbgut und unsere Entwicklung in Kindheit und Jugend zurück. Aus der Sicht des Glaubens schauen wir noch weiter und dynamischer zurück und entdecken, dass Gottes Geist in uns und durch uns wirkt. Der Apostel Paulus schreibt dazu im ersten Korintherbrief:
Lesung 1: 1. Kor. 12, 4 Nun gibt es verschiedene Zuteilungen an geistlichen Gaben, doch nur ein und denselben Geist; 5 es gibt verschiedene Dienste, doch nur ein und denselben Herrn; 6 es gibt verschiedene Kräfte, doch nur ein und denselben Gott, der alles in allen wirkt. 7 Und an jedem von uns will sich Gottes Geist zum Nutzen der Gemeinde offenbaren.
572, 1.3-5 Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt
Wir sprechen mit der jüdischen Sicht aufs Leben von einem Tun-Ergehen-Zusammenhang, die buddhistische Tradition nennt es Karma, damit ist jeweils gemeint: Wir würden uns täuschen, wenn wir etwas tun und meinten, es habe keine Folgen. Was wir säen, das ernten wir auch. Vielleicht nicht zu 100 %. Es gibt in diesem Zusammenhang keine mathematische Logik. Aber sehr oft ernten wir das, was wir gesät haben. Und darum ruft der Apostel Paulus uns auf, diejenigen Samenkörner zu säen, aus denen Gutes hervorgeht für andere Menschen.
Gal 6, 7 Täuscht euch nicht: Gott lässt sich nicht verspotten! Was der Mensch sät, wird er auch ernten. 8 Wer auf sein Eigenleben sät, wird davon ... Verderben ernten. Wer jedoch auf den Geist sät, wird davon das ewige Leben ernten. 9 Wir wollen also nicht müde werden, Gutes zu tun, denn wenn die Zeit gekommen ist, werden wir die Ernte einbringen, falls wir nicht aufgeben. 10 Solange wir also noch Gelegenheit haben, wollen wir allen Menschen Gutes tun, am meisten natürlich denen, die zur Glaubensfamilie gehören.
Liebe Gemeinde, liebe Kreative,
bevor ich auf das schöne Jubiläum zu sprechen komme, dass Sie, unsere Kreativen in der Gemeinde, 20 Jahre zusammen sind, ... zuvor möchte ich mit uns allen darüber nachdenken, was das Leben reich macht, was unser Leben reich macht. Nelson Mandela hat sich dazu geäußert. Für ihn ist das Leben eines Menschen reich, wenn dieser Mensch eine bestimmte Größe erlangt hat. Größe definiert Nelson Mandela so: „Die Größe eines Menschen besteht nicht darin, was er aus sich gemacht hat, sondern was er anderen gegeben hat.“
Dieses Verständnis von Größe läuft vielem zuwider, was sich in unserer Gesellschaft ereignet. Da zählt, was man aus sich gemacht hat. Wochenzeitschriften, die über berühmte Persönlichkeiten aus aller Welt berichten, über die sogenannten Promis, also über Schauspieler, Sportler, Künstler, Geschäftsleute, Adelige oder Politiker, ... diese Wochenzeitschriften führen uns ja vor Augen, dass man nur glücklich wird und Spuren hinterlässt, wenn man was aus sich gemacht hat. Und wenn man dabei auch zu Geld gekommen ist. Ein Künstler, der am Hungertuch nagt, wird gar nicht oder würde nur einmal in solch einer Wochenzeitschrift abgelichtet.
Es könnte aber sein, dass jemand aus sich etwas gemacht hat und dabei auch reich geworden ist, aber lebt ganz bescheiden und gibt anderen viel. Mir fällt hierbei der deutsche Basketballspieler Dirk Nowitzki ein. Meines Wissens hat er in den letzten Jahren auf einen erheblichen Teil seines Gehaltes verzichtet, damit sein Verein 'Dallas Mavericks' andere gute Spieler unter Vertrag nehmen konnte. Aber vermutlich gehört Nowitzki zu wenigen, die etwas aus sich gemacht haben, jedoch Größe zeigen dadurch, dass sie wirklich im bedeutenden Maße anderen geben, also nicht nur hier einen Tropfen auf den heißen Stein oder dort einen Tropfen, sondern im bedeutenden Maße. Der Apostel Paulus würde in seiner antiken Sprache sagen: Dirk Nowitzki hat nicht auf sein Eigenleben gesät, sondern auf den Geist des Gebens.
Wenn jemand im bedeutenden Maße etwas gibt, dann hat er oder sie etwas verstanden davon, was sie glücklich sein lässt, was einen reich macht und wie man Spuren hinterlässt. Anderen etwas zu geben muss nicht immer mit Geld zu tun haben. Es können gute Ideen sein, die andere Menschen dann aufgreifen und mit denen sie besser leben können. Es kann Kunst oder Musik sein, die Nahrung für die Seele sind bei all denjenigen, die Kunst und Musik lieben. Es kann ein Reparaturdienst sein, eine Gartenhilfe, ein offenes Ohr für jemanden, der vor einer Herausforderung steht. Paulus sagt es so in seinem Brief an die Galater: "Solange wir also noch Gelegenheit haben, wollen wir allen Menschen Gutes tun, am meisten natürlich denen, die zur Glaubensfamilie gehören". Gutes zu tun, das macht reich, glücklich und zufrieden.
Natürlich kann man es mit Guttaten übertreiben. Und diese Übertreibung gehört ja auch in die Vergangenheit unseres Staates. Als der preußische Dienstgeist Deutschland geprägt hat, gab es kein Anrecht vor dem eigenen Gewissen, auch mal an sich selbst zu denken. Ohne sich auch selbst zu lieben und sich selbst Gutes zu tun, läuft man leer. Auf der Gemeindefreizeit in Drübeck haben wir dazu folgende Geschichte gehört: "Ein Kaufmann wollte vom Meister wissen, was das Geheimnis eines erfolgreichen Lebens sei. Sagte der Meister: "Mach jeden Tag einen Menschen glücklich!" Und er fügte als nachträglichen Gedanken hinzu: "... selbst wenn dieser Mensch du selbst bist." Nur wenig später sagte er:" Vor allem, wenn dieser Mensch du selbst bist"." (A.deMello, Gib deiner Seele Zeit, S. 10)
Es macht uns reich, anderen zu geben, also jeden Tag einen anderen Menschen glücklich zu machen. Damit hinterlassen wir auch Spuren über unseren Tod hinaus. Aber auch die Selbstliebe braucht vor unserem Ableben Luft zum Atmen und eine Berechtigung zu sein und darum dürfen wir uns mit gutem Gewissen auch selbst Gutes tun.
Ich glaube, Sie, liebe Kreative, haben beides im Blick gehabt während der vergangenen 20 Jahre. Sie haben sich selbst und besonders anderen Gutes getan mit Ihrer Gemeinschaft, mit Ihrer Zusammenarbeit und Ihrem kreativen Schaffen. 20 Jahre lang zusammenzuhalten und gemeinsam jedes Jahr den Osterbasar und den Adventsbasar vorzubereiten und durchzuführen, ist eine außergewöhnliche Hingabebereitschaft. Ich will versuchen zu beschreiben, wie Sie sich zum einen selbst gut gewesen sind und wie Sie - vor allem - anderen Gutes getan haben.
Gut zu sich selbst sein, heißt eben auch, nicht allein für sich zu bleiben, sondern Gemeinschaft zu suchen. Diese Gemeinschaft bilden Sie füreinander, und jede von Ihnen war gut zu sich, sich dem Kreativtreff anzuschließen.
Wir alle, liebe Gemeinde, tun uns selbst Gutes, wenn wir nicht allein für uns bleiben, sondern Gemeinschaft suchen. Etwa im Chor zu sein, im Besuchskreis, in der Alltagshilfe oder bei der Meditation oder hier im Gottesdienst, welcher ja jedes Mal eine vertiefende Anregung gibt, was uns reich macht, glücklich, zufrieden oder was uns tröstet und hält.
Gut zu sich selbst sein heißt dann ja auch für Sie, liebe Kreative, dass Sie Ihre persönlichen Gaben zur Entfaltung bringen, indem Sie mit Stoff oder Wolle, mit Papier oder Holz und mit vielen anderen Materialien arbeiten und dabei zahlreiche Kreationen schaffen, die aus Ihrer eigenen Gestaltungskraft hervorgehen. Gut-zu-sich-sein leben Sie dann ja auch, wenn Sie im Frühjahr oder Herbst zu Messen fahren, die neue kunsthandwerkliche Ideen präsentieren. Damit inspirieren Sie sich immer wieder für Ihre eigenen gestalterischen Ideen.
Natürlich muss man sich auch mal auseinandersetzen, wenn man in einer Gemeinschaft zusammenarbeitet. In solchen Momenten fühlt sich das Miteinander nicht gut an. Aber Ihnen gelingt es immer erneut, jene Weisheit zu praktizieren, die Dietrich Bonhoeffer formuliert hat: „Man muss sich durch die kleinen Gedanken, die einen ärgern, immer wieder hindurchfinden zu den großen Gedanken, die einen stärken.“ Ich ergänze: Sie finden hindurch zu den größeren Gedanken, die Sie verbinden und wofür Sie arbeiten, nämlich anderen Menschen Gutes zu tun mit dem Osterbasar und dem Adventsbasar.
Ich sagte ja, dass Sie beides im Blick haben: Sie tun sich selbst Gutes, aber besonders und vor allem anderen. Ich meine damit die finanzielle Unterstützung durch Spenden an Initiativen außerhalb unserer Gemeinde: Die Frühchen-Station des Städtischen Klinikums Lüneburg erhält von Ihnen Babykleidung. Und für die Sternenkinder, die leider nicht den Weg ins Leben schaffen, haben Sie kleine Mützen und Einschlagdecken genäht. Diese nehmen sie auf ihre letzte Reise mit. Mit "Herzen gegen Schmerzen" unterstützen Sie Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind. Der Sozialarbeit von "light the way" in Südafrika oder der Lüneburger Aktion "guter Nachbar" haben Sie eine Spende überwiesen aus dem Erlös Ihrer Verkäufe.
Vor allem aber tun Sie allen Menschen hier in 'Kreuz' Gutes. Da sind einmal die Basare selbst zu nennen als ein Ereignis, zu dem sehr viele Gäste kommen und sich hier wohlfühlen, indem sie Kaffee und selbst gebackenen Kuchen oder leckere Suppen genießen und auf dem Basar stöbern, um schöne und preisgünstige Deko für ihre Wohnung zu finden oder ganz praktische Dinge für den Alltag mit nach Hause zu nehmen. Als Beispiel zeige ich hier einmal dieses Kissen, das meine Frau und mich jetzt immer bei unseren Fahrten begleitet.
Und dann unterstützen Sie aus dem Verkaufserlös des Adventsbasares die Gemeinde im erheblichen Maße. Auch unsere Kita. Es lässt sich gar nicht alles aufzählen in der Kürze der gebotenen Zeit, was die Gemeinde Ihnen verdankt. Ich will es einmal zusammenfassend mit folgenden Schlaglichtern zu beschreiben versuchen, indem ich uns allen vor Augen führe, was wir uns zum Beispiel aus dem Gemeindehaus und unserer Kirche wegdenken müssten: unsere Küche einschließlich der Elektrogeräte, die hochwertigen Vorhänge an den Fenstern und den langen Schrank im Konfirmandenraum, im Prinzip alle Stühle, die hier im Kirchenraum auf der linken Seite stehen, unsere Bankett-Tische, auch die Altarleuchter sind ohne einen erheblichen Zuschuss durch unseren Kreativtreff nicht vorstellbar, der Engel in der Weihnachtskrippe würde fehlen .... und vieles, vieles mehr ... bis hin zu einem großen Betrag für unseren Konzertflügel. Mit Worten des Volksmundes ausgedrückt darf ich sagen: Wenn wir durch Gemeindehaus und Kirche gingen und alles wegdenken, was Sie angeschafft haben, würden wir sparsam aus der Wäsche kucken.
Darum ist dieser Gottesdienst aus Anlass Ihres 20-jährigen Jubiläums eine wunderbare Gelegenheit, Ihnen im Namen von Kirchenvorstand und Gemeinde herzlich zu danken für Ihr Engagement und Ihre Unterstützung.
Im Namen von uns allen hier möchte ich hervorheben, dass Sie für uns ein leuchtendes Beispiel sind, wie man nachhaltig Spuren hinterlässt, in dem man sich selbst Gutes gönnt, vor allem aber anderen Gutes tut.
Um zum Ausgangspunkt dieser Predigt zurückzukehren: Paulus schrieb an die Galater, "Solange wir also noch Gelegenheit haben, wollen wir allen Menschen Gutes tun, am meisten natürlich denen, die zur Glaubensfamilie gehören". Die Grundeinsicht dabei ist: "Mach jeden Tag einen Menschen glücklich!"
"... selbst wenn dieser Mensch du selbst bist." Wir entdecken dabei Halt und Trost oder empfinden sogar, dass unser Leben reich ist, dass wir glücklich und zufrieden sind. Wir schleichen nicht dahin, sondern hinterlassen Spuren wie Dirk Nowitzki. Wir leben, wie Christus es uns ans Herz gelegt hat.
Amen
Foto: Albrecht E. Arnold / pixelio.